An diesem Freitag waren die Voraussetzungen für ein komfortables und pünktliches Heimpendeln noch ungünstiger als ohnehin schon in diesem Winter. Bereits am Donnerstag fehlte dem IC2036 ein Wagen, einige Fahrgäste mussten stehen. In der Nacht zu diesem Freitag war zudem bei Braunschweig ein Güterwaggon entgleist, der Zug musste umgeleitet werden.
IC2036 hält meist fahrplanmäßig um 16.23 Uhr in Hannover Hbf und fährt dort um 16.45 ab. Wenn er den Fahrplan einhält, steige ich schon um 16.23 ein, da ich dann ohne Reservierung einen Sitzplatz sicher habe, noch dazu am Fenster und nicht am Gang, an dem man Gefahr läuft, von streunenden Schaffnern, Fahrgästen, Rucksäcken und Snackverkäufern gestreift, gestupst, gerempelt oder gestoßen und so aus dem Schlaf geholt zu werden. Außerdem muss man nicht aufstehen, falls der Mitreisende am Fenster mal hinaus muss, und hat einen Haken für die dicke Jacke.
Wenn IC2036 den Fahrplan nicht einhält, sammeln sich mit jeder Minute Verspätung am Bahnsteig die Reisenden, zum Beispiel jene, die aus dem dann inzwischen am benachbarten Gleis einfahrenden Zug umsteigen wollen, oder jene, die nicht wissen, dass IC2036 längeren Aufenthalt hat. Wenn der Zug mehr als 10 Minuten später als geplant eintrifft, ist an ein gemütliches Einsteigen mit nahezu freier Platzwahl nicht mehr zu denken, schon gar nicht an einem Freitag und erst recht nicht an diesem Freitag, an dem nicht damit zu rechnen war, dass der offenbar defekte Wagen, der Donnerstag gefehlt hatte, bereits ersetzt oder repariert worden war, da die Bahn ihr Potenzial an IC-Zügen als Ersatz für ICEs in diesem Winter bis über die Grenzen des Möglichen ausreizt.
Der Bahn-Fahrplan im Internet hatte die Umleitung über Wolfsburg vermerkt und zeigte zwei Stunden vor der Ankunft des Zuges in Hannover bereits 15 Minuten Verspätung an. Also sah ich mich veranlasst, vom Büro aus bei der "3-S-Zentrale" der DB in Hannover anzurufen. Die drei "S" stehen für "Service, Sicherheit und Suverlässigkeit", nein, "Sauberkeit", und zwar "im Bahnhof". Ich wollte telefonisch in Erfahrung bringen, ob sich über die wegen des entgleisten Güterzugs gesperrte Strecke hinaus ein weiteres Problem aufgebaut haben könnte. Der Himmel flockte mal wieder, da war so etwas reichlich denkbar.
Der freundliche Mann von der Bahn nahm sich alle Zeit, persönlich im elektronischen Fahrplan nachzuschauen. Es stellte sich heraus, dass er mir gegenüber nur einen geringen Informationsvorsprung hatte. Die Verspätungen für die Verbindungen Hannover—Bremen, die er mir nennen konnte, hätte ich selbst auf bahn.de herausfinden können, wohl auch schneller: "Das dauert alles etwas lange bei mir, ich habe hier Windows Vista", entschuldigte sich der Mann beiläufig.
Meine Hoffnung auf essentielle Fakten hatte ich aber noch nicht aufgegeben. "Wie sieht denn die Wagenreihung des IC2036 heute aus? Gestern fehlte ein Wagen", fragte ich, denn so etwas erfährt man nicht im Internet. Anscheinend fragte ich missverständlich, denn der DB-Mann fing an, mir die Wagennummern aufzuzählen und schloss mit der allgemeinen Erläuterung, dass ein Wagen herausgenommen wird, wenn beispielsweise die Türen oder die Heizung defekt sind. "Wenn die Heizung nicht geht, kann man den Wagen bei der Kälte nicht einsetzen, das können Sie sich ja wohl denken. Und im Sommer, wenn die Kühlung nicht geht, lassen sich ja die Fenster nicht öffnen." Ob an diesem Tag ein Wagen fehlen würde, konnte er mir nicht sagen, sondern nur, dass der Zug in "umgekehrter Wagenreihung" im Hbf Hannover einfahren würde.
'Gut', dachte ich für mich, 'gut zu wissen. Aber es wäre besser, noch einen Trumpf in der Hand zu halten, meinetwegen zuerst in den Ärmel zu stecken.' Daher fragte ich den DB-Mann, wie es um ICE536 stand. Der fährt normalerweise eine Stunde später als IC2036, also um 17.45 Uhr von Hannover nach Bremen, wurde aber wegen Wartungsarbeiten aus dem Fahrplan genommen. "Ja", sagte der Mann, "der fährt nicht." "Fährt ein Ersatzzug?", fragte ich ihn, mit der Erfahrung im Hinterkopf, dass die Bahn über den Einsatz von Ersatzzügen immer nur spontan entscheidet. "Ja, da habe ich hier eine Liste liegen. Da sind die Ersatzzüge verzeichnet. Wenn ein Ersatzzug mit Sicherheit fährt, dann steht da kein Vermerk. Bei IC2018, dem Ersatz für ICE536, steht 'vsl.'." "VSL?" "Ja, 'vsl.' steht für 'voraussichtlich'. Ich kann Ihnen also nicht mit Sicherheit sagen, ob der Ersatzzug fährt. Falls nicht, könnten Sie den Regionalexpress um 18.21 Uhr nehmen."
Mir blieben zwei Alternativen: den IC2036 zu wählen, der mit Sicherheit überfüllt sein würde und obendrein verspätet, oder einen Ersatzzug, der möglicherweise nicht fährt. Der Ersatzersatz, der Regionalexpress, würde ebenfalls überfüllt sein, zudem 10 Minuten länger fahren als der IC und erst um 19.39 in Bremen sein, anderthalb Stunden später, als ich gewöhnlich zuhause bin.
Also entschied ich mich für die erste Alternative und stellte mich um 16.30 Uhr an Gleis 11 auf, an dem IC2036 normalerweise hält, und zwar wegen der absehbaren "umgekehrten Wagenfolge" nicht wie sonst in Abschnitt B am Ende des zu erwartenden Zuges, sondern in Abschnitt E, wobei ich mich an der Wagenfolge auf der elektrischen Anzeigetafel orientierte, die offenbar die Umkehrung schon berücksichtigt hatte. Die 1.-Klasse-Wagen sollten in Abschnitt A und B halten und das Ende des Zuges in Abschnitt F. Da voraussichtlich ein Wagen fehlte, nahm ich Abschnitt E.
In den folgenden 20 Minuten wurde viermal durchgesagt, dass IC2036 in "umgekehrter Wagenreihung" einlaufen würde. Da sich schon viele Fahrgäste angesammelt hatten – wie jeden Freitag mehr als an anderen Werktagen und wegen des Ausfalls anderer Züge noch viel mehr als sonst –, wollte ich absolut sichergehen, nicht in dem Bahnsteigabschnitt zu stehen, in dem die 1. Klasse hält. Das wäre der ungünstigste anzunehmende Fall. Dann nämlich müsste ich mich erst noch über die Strecke von drei Wagen, nämlich zwei 1.-Klasse-Wagen plus Bordbistro, durch einen rappelvollen Bahnsteig zur zweiten Klasse durchschlagen. In der Zeit, in der ich den gewünschten Wagen erreichen würde, hätten sich schon längst dicke Menschentrauben vor den Zugtüren gebildet und jede Hoffnung auf einen Sitzplatz wäre sinnlos gewesen.
Mit jeder neuen Durchsage über die "umgekehrte Wagenfolge" flehte ich die Maschinenstimme still an, zu schweigen, denn sonst würden noch mehr Leute merken, dass sie in ihrem Abschnitt falsch stehen. Abschnitt E bis F waren nämlich im Gegensatz zum restlichen Bahnsteig relativ dünn bevölkert, vermutlich deshalb, weil unerfahrene Zugreisende mit dem Begriff "Wagenfolge" nicht viel anfangen können. Es ist sonst oft zu beobachten, dass viele Reisende irgendwo in den Zug steigen und ihn dann bis zum reservierten Platz durchqueren.
Um 16.48 Uhr erging eine neue Durchsage, nämlich dass IC2036 nicht von Gleis 11, sondern von Gleis 12 abfahren sollte. Also drehten sich die Hunderte, die bisher auf Gleis 11 gestarrt hatten, um, denn Gleis 12 lag hinter ihnen. Und sie erblickten dort einen Zug.
Viele hatten offensichtlich den starken Verdacht, bei dem Zug handelte es sich um IC2036. Genau zu entschlüsseln war das nicht, denn auf die elektrische Anzeige am Bahnsteig war wegen der vielen Verspätungen und Zugeinfahrtverlegungen kein Verlass. IC2036 wurde mittlerweile nirgends mehr angezeigt. Ob an dem ominösen Zug auf Gleis 12 die Stationen, die er befahren sollte, geschrieben standen, war nicht zu sehen, denn zu viele Menschen versperrten die Sicht. Auch hatte wohl kaum einer an Gleis 11 stehend auf die Durchsagen geachtet, die bisher Gleis 12 gegolten hatten. Es gab viele Menschen auf Gleis 12, die vermutlich auf IC142 gewartet hatten, der sie nach Westfalen und Holland bringen sollte. Der hätte dort um 16:40 abfahren sollen, was aber bisher nicht geschehen war.
Schließlich setzte sich der ominöse Zug auf Gleis 12 in Bewegung. Als er an mir vorüberfuhr, konnte ich erhaschen, dass es weder ICE2036 gewesen war, noch IC142, sondern ein IC mit einer 7 als Anfangsziffer. Gegen 17 Uhr wurde IC2036 angekündigt. Die Menge hatte sich nur wenig gelichtet und hielt sich hauptsächlich zwischen B und D auf, Abschnitt E war immer noch relativ wenig bevölkert, meine Hoffnung auf einen Sitzplatz noch nicht zerstoben. In den restlichen Bahnsteigabschnitten ballten sich die Menschen, Taschen und Koffer.
IC2036 fuhr ein, die Lok näherte sich langsam, passierte Abschnitt A, Abschnitt B, Abschnitt C und – Abschnitt D?. Nein, die Lok hielt in Abschnitt D. Ich stand vor einem leeren Gleis, die Lok etwa 15 Meter entfernt. Die Menschen drängten zum Zug. Dorthin zu gehen war sinnlos, also setzte ich zu einem Lauf Gleis 11 längs an, an dem zwar wesentlich weniger Menschen standen als an Gleis 12, aber ausreichend viele postiert für einen ausgeklügelten Slalomparkour. Nach etwa 60 Metern verließ ich Gleis 11, drängelte mich zum IC2036 und sah, dass er nicht in "umgekehrter Wagenfolge" eingefahren war. In Abschnitt D standen die Wagen der 1. Klasse.
Da es bei der Bahn bei Prügel- oder Todesstrafe verboten ist, sich als Normalzweitklässler in die 1. Klasse auch nur zu stellen, musste ich weiter gehen. Den Gedanken, Eile sei jetzt sinnlos, einen Sitzplatz würde ich ohnehin nicht mehr bekommen, musste ich angesichts der Menschenmenge verwerfen. Denn nun ging es noch darum, den Zug überhaupt noch besteigen zu können, um den nackten Transport, bevor die Türen wegen Überfüllung geschlossen würden. Dafür gab es zu diesem Zeitpunkt nur noch eine Chance: Angesichts dessen, dass in Großraumabteilen, erst recht in den Kleinabteilen nicht ausreichend Stehplätze vorhanden sein würden, musste ich zum anderen Zugende gelangen, denn dort befindet sich normalerweise das Fahrradabteil mit vier Klappsitzen und ausreichend Stehraum.
Also kehrte ich zu Gleis 11 zurück, eilte an den Wartenden vorbei, über Koffer herüber und an Kinderwagen herum. Nach etwa 90 Metern erreichte ich das Zugende, und da befand sich tatsächlich ein Fahrradabteil. Das einzige Kalkül an diesem Spätnachmittag, das aufgegangen war. Auch hier stauten sich Menschen, aber nicht so viele wie am anderen Ende. Immerhin bekam ich einen Stehplatz am Rand, wo sich eine Stange zum Festhalten befand. Einige Mitreisende mussten sich ohne Haltemöglichkeit frei hinstellen. Auch sie drängten bald zum Rand, denn es wurde noch ein Kinderwagen ins Abteil bugsiert.
17.06 Uhr, IC2036 fuhr ab. "Ich habe reserviert", sagte eine Frau neben mir. "Für Wagen 6, aber den gibt es heute nicht. Und falls es ihn gäbe, wüsste ich auch nicht, wie ich dorthin kommen sollte."
Die Fahrt verlief relativ ereignislos. Nach dem Halt in Verden fuhr der Zug ruckelnd an, so dass einige Mitreisende fast umgefallen wären. Und da IC2036 nicht plangemäß in Bremen ankam, musste er vor dem Hbf noch sechs Minuten warten, in denen es immerhin noch die Gelegenheit gab, ein wenig die Fenster zu öffnen. Es war doch merklich warm und feucht geworden.
Samstag, 30. Januar 2010
Dienstag, 26. Januar 2010
Ersatz im Verzug
IC2801, IC2811, IC2807 – es scheint, als bekäme der Ersatzzug für den entfallenen ICE533 jeden Morgen eine neue Nummer. Ob überhaupt "Ersatz gefahren" wird, wüssten sie selbst erst rund eine Stunde vor der geplanten Ankunftszeit, sagten Bahn-Mitarbeiter. Vorige Woche gab es zweimal keinen Ersatz, da mussten die Reisenden um 7.18 Uhr auf den Regionalexpress ausweichen oder um 8.09 Uhr den Intercity nehmen.
Die Ersatzzüge seien nicht ins Internet einpflegbar, sagten die Stimmen der Bahn, die ich am Schalter, in der "DB Lounge", am Gleis und am Servicepoint gefragt habe. Jedenfalls nicht vorab, wie meine Beobachtungen ergaben, denn im Nachhinein fanden sich im Internet doch Spuren. Twitterdienste wie AbfahrtBremen zeigen zwar Verspätungen für den Ersatzzug an, aber melden sich nicht bei regulärem Verlauf. Auch im Online-Abfahrtsplan der DB fand sich die Spur eines "IC2801", aber erst rückblickend am nächsten Tag. Ein DB-Mitarbeiter am Servicepoint sagte mir, seine Firma arbeite nicht mit Twitter zusammen. Wie die Twitterer an die Daten kämen, wüsste er nicht.
Der DB-Mitarbeiter war so freundlich, mir die Telefonnumer der Bremer "3-S-Zentrale" zu empfehlen, die nicht mit "01805" anfängt, mir als Besitzer einer Telefonflat also keine zusätzlichen Kosten verursacht. Durch einen Anruf dort kann ich morgens zuhause erfahren, ob ein Ersatzzug fährt, so wie heute.
Im Bremer Hauptbahnhof selbst wurde durchgesagt, dass sich der Ersatzzug wegen einer Weichenstörung bei Delmenhorst auf unbestimmte Zeit verspätet. Die murrenden Wartenden harrten noch etwa fünf Minuten bis zur nächsten Durchsage aus, in der verlautet wurde, dass der Ersatzzug rund 20 bis 25 Minuten später käme. Nun gingen die Fahrgäste vom Bahnsteig hinunter in den weniger zugigen Durchgang im Hauptbahnhof und stellten sich unten an die Treppe, um mögliche weitere Ansagen vom Gleis noch hören zu können. Die bisher angesagte Wartezeit war zu kurz, um sich irgendwo sitzend aufzuwärmen, und zu lang, um weiter bei minus zehn Grad am Gleis zu warten. Außerdem herrschte allgemeine Ungewissheit, ob sich die Verspätungsdauer in der vage gehaltenen Durchsage auf die geplante Ankunfts- (7.09 Uhr) oder Abfahrtszeit (7.14 Uhr) bezog.
Der Ersatzzug, der endlich an Gleis 1 hielt, bestand aus einem Sammelsurium aus Wagen, die normalerweise im Regionalverkehr eingesetzt werden, und Überbleibseln von Intercity-Zügen. Es gab also viele unkomfortable Plätze, die insbesondere für jene Menschen ungeeignet sind, die fehlenden Schlaf im Zug nachholen wollen. Wenigstens wurde geheizt.
Ich nahm Platz neben einer Frau, die ich schon oft im ICE533 sitzen sah. Wir kamen über die Unbill der vergangenen Tage ins Gespräch. Sie fahre seit zehn Jahren von Syke über Bremen zu ihrem Arbeitsplatz in Hannover, das habe sie so noch nicht erlebt. Vorige Woche musste sie zweimal auf den Regionalexpress ausweichen, der sogar noch ungemütlicher ist als der Ersatzzug und 20 Minuten länger braucht.
Sie zeigte mir das Fahrgastrechte-Formular der Bahn, mit dem Fahrgäste Verspätungen melden können, entfaltete es und beschwerte sich über dessen Umfang. Als der Fahrkartenkontrolleur kam, sprach die Frau ihn auf die Verspätung an und winkte mit dem Formular. Der Kontrolleur begegnete ihr in freundlichem Ton mit dem Hinweis, dass der Ersatzzug um 7.36 Uhr in Bremen abgefahren sei, 22 Minuten später als geplant. Also habe er nicht den für eine Verspätungsentschädigung geforderten Verzug von mindestens 60 Minuten. Die Frau meinte weiter, sie habe Anspruch auf eine Entschädigung, auch als ein zweiter Kontrolleur hinzu kam und ihr der Sachverhalt zum vierten Mal und diesmal im Duett dargelegt wurde.
Danach kapitulierte die Frau, winkte müde ab, ließ Schultern und Blick hängen und die Kontrolleure gehen. Etwa fünf Minuten später wandte sie sich an einen Mitreisenden, den sie anscheinend mit Vornamen kannte, um ihr Leid über die vermeintliche Ignoranz der Bahn zu schildern: "Normalerweise fahre ich um 7.14 Uhr los und komme eine Stunde später an. Heute bin ich aber erst um 8.35 in Hannover. Das ist mehr als eine Stunde!" Noch als sie das Wort "Stunde" sagte, war im Hintergrund ein Groschenfallen zu hören. Die Frau lehnte sich in ihren Sitz zurück, nahm das Formular und faltete es zusammen – ähnlich gekonnt wie eine Apothekerin, die einem Kunden die möglichen Nebenwirkungen eines Medikamentes schildert, einen Beipackzettel.
P.S.: Die Bahn hat sich in einer E-Mail für meinen Hinweis auf die widersprüchlichen Angaben über die künftigen Einsatzzeiten des ICE533 bedankt. Er sei dem zuständigen Fachbereich weitergeleitet worden. Außerdem versprach mit der Kundenservice, der ICE533 werde zur CeBIT Anfang März eingesetzt und in der Zeit wie immer zusätzlich in Hannover Messe/Laatzen halten. Der Fachbereich ist anscheinend noch nicht tätig geworden, die Suche nach "ICE533" in der Online-Zugsuche der DB ergibt immer noch ein Informationskuddelmuddel – zu einer Zeit, in der man als Pendler mehr als sonst jemals auf diese Suchfunktion angewiesen ist.
Die Ersatzzüge seien nicht ins Internet einpflegbar, sagten die Stimmen der Bahn, die ich am Schalter, in der "DB Lounge", am Gleis und am Servicepoint gefragt habe. Jedenfalls nicht vorab, wie meine Beobachtungen ergaben, denn im Nachhinein fanden sich im Internet doch Spuren. Twitterdienste wie AbfahrtBremen zeigen zwar Verspätungen für den Ersatzzug an, aber melden sich nicht bei regulärem Verlauf. Auch im Online-Abfahrtsplan der DB fand sich die Spur eines "IC2801", aber erst rückblickend am nächsten Tag. Ein DB-Mitarbeiter am Servicepoint sagte mir, seine Firma arbeite nicht mit Twitter zusammen. Wie die Twitterer an die Daten kämen, wüsste er nicht.
Der DB-Mitarbeiter war so freundlich, mir die Telefonnumer der Bremer "3-S-Zentrale" zu empfehlen, die nicht mit "01805" anfängt, mir als Besitzer einer Telefonflat also keine zusätzlichen Kosten verursacht. Durch einen Anruf dort kann ich morgens zuhause erfahren, ob ein Ersatzzug fährt, so wie heute.
Im Bremer Hauptbahnhof selbst wurde durchgesagt, dass sich der Ersatzzug wegen einer Weichenstörung bei Delmenhorst auf unbestimmte Zeit verspätet. Die murrenden Wartenden harrten noch etwa fünf Minuten bis zur nächsten Durchsage aus, in der verlautet wurde, dass der Ersatzzug rund 20 bis 25 Minuten später käme. Nun gingen die Fahrgäste vom Bahnsteig hinunter in den weniger zugigen Durchgang im Hauptbahnhof und stellten sich unten an die Treppe, um mögliche weitere Ansagen vom Gleis noch hören zu können. Die bisher angesagte Wartezeit war zu kurz, um sich irgendwo sitzend aufzuwärmen, und zu lang, um weiter bei minus zehn Grad am Gleis zu warten. Außerdem herrschte allgemeine Ungewissheit, ob sich die Verspätungsdauer in der vage gehaltenen Durchsage auf die geplante Ankunfts- (7.09 Uhr) oder Abfahrtszeit (7.14 Uhr) bezog.
Der Ersatzzug, der endlich an Gleis 1 hielt, bestand aus einem Sammelsurium aus Wagen, die normalerweise im Regionalverkehr eingesetzt werden, und Überbleibseln von Intercity-Zügen. Es gab also viele unkomfortable Plätze, die insbesondere für jene Menschen ungeeignet sind, die fehlenden Schlaf im Zug nachholen wollen. Wenigstens wurde geheizt.
Ich nahm Platz neben einer Frau, die ich schon oft im ICE533 sitzen sah. Wir kamen über die Unbill der vergangenen Tage ins Gespräch. Sie fahre seit zehn Jahren von Syke über Bremen zu ihrem Arbeitsplatz in Hannover, das habe sie so noch nicht erlebt. Vorige Woche musste sie zweimal auf den Regionalexpress ausweichen, der sogar noch ungemütlicher ist als der Ersatzzug und 20 Minuten länger braucht.
Sie zeigte mir das Fahrgastrechte-Formular der Bahn, mit dem Fahrgäste Verspätungen melden können, entfaltete es und beschwerte sich über dessen Umfang. Als der Fahrkartenkontrolleur kam, sprach die Frau ihn auf die Verspätung an und winkte mit dem Formular. Der Kontrolleur begegnete ihr in freundlichem Ton mit dem Hinweis, dass der Ersatzzug um 7.36 Uhr in Bremen abgefahren sei, 22 Minuten später als geplant. Also habe er nicht den für eine Verspätungsentschädigung geforderten Verzug von mindestens 60 Minuten. Die Frau meinte weiter, sie habe Anspruch auf eine Entschädigung, auch als ein zweiter Kontrolleur hinzu kam und ihr der Sachverhalt zum vierten Mal und diesmal im Duett dargelegt wurde.
Danach kapitulierte die Frau, winkte müde ab, ließ Schultern und Blick hängen und die Kontrolleure gehen. Etwa fünf Minuten später wandte sie sich an einen Mitreisenden, den sie anscheinend mit Vornamen kannte, um ihr Leid über die vermeintliche Ignoranz der Bahn zu schildern: "Normalerweise fahre ich um 7.14 Uhr los und komme eine Stunde später an. Heute bin ich aber erst um 8.35 in Hannover. Das ist mehr als eine Stunde!" Noch als sie das Wort "Stunde" sagte, war im Hintergrund ein Groschenfallen zu hören. Die Frau lehnte sich in ihren Sitz zurück, nahm das Formular und faltete es zusammen – ähnlich gekonnt wie eine Apothekerin, die einem Kunden die möglichen Nebenwirkungen eines Medikamentes schildert, einen Beipackzettel.
P.S.: Die Bahn hat sich in einer E-Mail für meinen Hinweis auf die widersprüchlichen Angaben über die künftigen Einsatzzeiten des ICE533 bedankt. Er sei dem zuständigen Fachbereich weitergeleitet worden. Außerdem versprach mit der Kundenservice, der ICE533 werde zur CeBIT Anfang März eingesetzt und in der Zeit wie immer zusätzlich in Hannover Messe/Laatzen halten. Der Fachbereich ist anscheinend noch nicht tätig geworden, die Suche nach "ICE533" in der Online-Zugsuche der DB ergibt immer noch ein Informationskuddelmuddel – zu einer Zeit, in der man als Pendler mehr als sonst jemals auf diese Suchfunktion angewiesen ist.
Sonntag, 24. Januar 2010
Er fährt, er fährt doch nicht
Immer noch dankbar bin ich für den Hinweis eines Lesers dieses Blogs auf die Zugsuche der Bahn. Von ihr erhoffte ich klare Orientierung über die Einsatzzeiten des ICE533, der mich bis vor gut einer Woche zur Arbeit gebracht hat. Als ich aber heute in die Zugsuche schaute, fand ich dies:

Das möchte ich mir gerne von der Kundenbetreuung der Bahn erklären lassen. Also verfasste ich folgende E-Mail an bahncard@bahn.de:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihrer Zugsuche im Internet entnehme ich widersprüchliche Informationen zu den Einsatzzeiten des ICE533. Sie können das im Screenshot im Angang selbst nachvollziehen.
Der Zug verkehrt laut Ihrer Auskunft unter anderem vom 3. Mai bis 30. Aug 2010 Mo bis Fr, nicht am 24. Mai. Eine Zeile tiefer steht, er fährt nicht vom 1. Mai bis 30. Aug 2010. Außerdem machen Sie widersprüchliche Angaben zur Einsatzzeit Anfang März. Spielen Sie ernsthaft mit dem Gedanken, den ICE533 ausgerechnet zur Computermesse CeBIT, in der er sehr gefragt ist, ausfallen zu lassen?
Schöne Grüße,
Andreas Wilkens

Das möchte ich mir gerne von der Kundenbetreuung der Bahn erklären lassen. Also verfasste ich folgende E-Mail an bahncard@bahn.de:
Sehr geehrte Damen und Herren,
Ihrer Zugsuche im Internet entnehme ich widersprüchliche Informationen zu den Einsatzzeiten des ICE533. Sie können das im Screenshot im Angang selbst nachvollziehen.
Der Zug verkehrt laut Ihrer Auskunft unter anderem vom 3. Mai bis 30. Aug 2010 Mo bis Fr, nicht am 24. Mai. Eine Zeile tiefer steht, er fährt nicht vom 1. Mai bis 30. Aug 2010. Außerdem machen Sie widersprüchliche Angaben zur Einsatzzeit Anfang März. Spielen Sie ernsthaft mit dem Gedanken, den ICE533 ausgerechnet zur Computermesse CeBIT, in der er sehr gefragt ist, ausfallen zu lassen?
Schöne Grüße,
Andreas Wilkens
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